Exportnation Deutschland

„Made in Germany“ bietet nicht nur Chancen, sondern bringt auch Risiken.

Ein Gespräch mit Herrn Josef Chr. Kainz, Direktor in der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG und anerkannter Finanzierungsexperte für den deutschen Mittelstand, über Tipps für die Absicherung von Zahlungsrisiken im Auslandsgeschäft.

Deutsche Produkte sind Exportschlager. Davon profitieren seit jeher kleine und mittelgroße Unternehmen. Was hierzulande funktioniert, trifft oft auch im Ausland den Nerv der Zeit. Mit dem Export von Produkten und Dienstleistungen „Made in Germany“ zu wachsen, ist eine Riesenchance für den deutschen Mittelstand, allerdings ebenso verbunden mit großen Herausforderungen.

OPS: Corona-Pandemie, Brexit, Protektionismus und Handelsbeschränkungen sind für den deutschen Außenhandel kein gutes Omen - wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?

Kainz: Der deutsche Mittelstand befindet sich ungeachtet der globalen Herausforderungen und den Folgen der dritten Corona-Welle im Aufwind. Ein Grund dafür ist das anziehende Auslandsgeschäft. Mit den USA und China stehen die wichtigsten Exportkunden vor einer kräftigen Wirtschaftserholung, weshalb die Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“ signifikant zunimmt. Der Auftragsbestand ist aktuell bereits saisonund kalenderbereinigt bemerkenswert höher als im Februar 2020, dem Monat vor Beginn der weltweit Corona-bedingten Einschränkungen.

Damit wir uns all die Corona-Hilfsmaßnahmen und -pakete in Deutschland überhaupt leisten können, ist das Hochlaufen des Exportes, verbunden mit einem stabilen Arbeitsmarkt und somit auch für unseren Wohlstand, essentiell.

OPS: Welche deutschen Produkte sind denn aktuell international besonders gefragt?

Kainz: Auf der Exportseite dominieren die Kfz-Industrie, Autoteile, Maschinen, Datenverarbeitungsgeräte und elektronische sowie chemische Erzeugnisse. Auf diese vier Produktgruppen entfällt knapp die Hälfte des deutschen Exports. Die Partnerländer der EU sind für Deutschland der wichtigste Zielmarkt, es folgen die USA und die Volksrepublik China. Bei den Importen zeigt sich hingegen ein umgekehrtes Bild: Die meisten Einfuhren kommen aus China und den USA. Übrigens sind allein in China schon mehr als 5.000 deutsche Unternehmen mit eigenem Vertrieb und Produktionsstätten aktiv.

Josef Chr. Kainz
© Katharina Francis
Josef Chr. Kainz

OPS: Wo sehen Sie in Deutschland noch Nachholbedarf, um die wirtschaftliche Entwicklung weiter zu stärken?

Kainz: Die deutsche Wirtschaft ist gut gerüstet, um insbesondere nach der Corona-Pandemie ihre maßgeblich führende Rolle zu verteidigen. Gedanken mache ich mir aber um die Innovationsfähigkeit in Deutschland, gerade in unserer alternden Gesellschaft.
Die Corona-Krise hat aber auch gezeigt, dass wir den Anschluss bei der Digitalisierung verpasst haben. Beispielhaft dafür möchte ich die digitale Verwaltung, das Gesundheitswesen oder die Bildungspolitik anführen – der Anteil der digitalen Wertschöpfung ist in Deutschland wesentlich niedriger als in den USA.
 

OPS: Der Anteil der deutschen Unternehmen, die im Ausland Geschäfte machen, steigt kontinuierlich. Wo sehen Sie dabei die großen Herausforderungen?

Kainz: Die Risiken eines Markteintritts durch Exportgeschäfte sind überschaubar, verglichen mit der Starre, vor lauter Angst eventuell gar nichts zu tun. Ich möchte es aber auch nicht beschönigen, der Markteintritt im Ausland ist herausfordernd. Wer uninformiert loszieht, tappt vermutlich in die eine oder andere Falle. Wer ins Ausland exportieren will, sollte genau die Ziele seiner Geschäftstätigkeit im Exportland festlegen und intensiv zu den Gepflogenheiten und Verhaltensweisen im Wirtschaftsleben recherchieren. Es ist wichtig über wirtschaftliche, politische und rechtliche Rahmenbedingungen, aber auch über Sitten und Gebräuche sowie Kultur und Mentalität vollumfänglich Bescheid zu wissen. Greifen Sie dabei auf die Expertise ihrer Hausbank zurück! Sehr gerne unterstützen Sie unsere Auslandsexperten vor Ort in unseren neun deutschen Niederlassungen.
 

OPS: Warum benötigen Unternehmen im Außenhandel andere Absicherungen als im inländischen Handel?

Kainz: Im Auslandsgeschäft kommt immer noch das Risiko „Abnehmerland“, ggf. mit Ausfuhrbestimmungen, Beschränkungen sowie evtl. Embargo- und Sanktionsregularien für einzelne Länder hinzu. So sind in manchen Ländern Akkreditive empfehlenswert, um die Freigabe von Devisen zur Bezahlung der importierten Ware zu erbringen. Und natürlich kommt außerhalb der Euro-Zone noch das Währungsrisiko hinzu.
 

OPS: Gibt es aus Ihrer Sicht einen Experten-Tipp fürs Auslandsgeschäft?

Kainz (lächelt): Ja, kurz gesagt, ich empfehle die 6-Punkte-Regel:

  1. Unternehmen sollten sich finanziell absichern,
  2. Versuchen Sie kulturelle Unterschiede zu verstehen,
  3. Machen Sie keine Kompromisse bei der Wahl von Geschäftspartnern,
  4. Übertrumpfen Sie die Konkurrenz mit Qualität,
  5. Bleiben Sie selbstbestimmt und
  6. Wahren Sie mit Ihrer eigenen Erfahrung den Abstand zum Mitbewerb(er)
     

OPS: Wie unterstützt denn die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG deutsche Unternehmen bei ihren Auslandsaktivitäten?

Kainz: Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich bietet in Deutschland eine Vielzahl von Lösungen an, die Unternehmen in ihrem Export- und Importgeschäft unterstützen. Neben Garantien - zum Nachweis ihrer Vertrauenswürdigkeit und Bonität - sind beispielweise Dokumentengeschäfte für die Zahlungsabwicklung sowie Exportfinanzierungen geeignete Instrumente. Mit maßgeschneiderten Konzepten sowie unserer jahrelangen Auslandskompetenz schaffen wir gemeinsam mit den Unternehmen eine solide finanzielle Basis für ihren Unternehmenserfolg im Ausland. Unsere Auslandsexperten sind Profis und erarbeiten mit unseren Firmenkundenbetreuerinnen und Firmenkundenbetreuern die passgenaue Lösung für Sie, egal ob es sich um Geschäfte mit China, USA oder Zentral- und Osteuropa handelt.
 

OPS: Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich ist in Deutschland überaus erfolgreich und feiert in diesem Jahr bereits ihr 30-jähriges Jubiläum. Worin liegt dabei Ihr Erfolgsrezept?

Kainz: Dafür gibt es tatsächlich mehrere Gründe, angefangen von meinen hochmotivierten, kompetenten und zuverlässigen Kolleginnen und Kollegen über unsere Kundenorientierung und Leistungsstärke bis hin zu unserer sprichwörtlichen Bodenständigkeit.
 

OPS: Herr Direktor Kainz, ich danke Ihnen für unseren fachlichen Austausch und den wertvollen Input.

PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft, 4 2021